Was Genehmigungsverfahren lang macht

ANALYSE. Zum Standortentwicklungsgesetz: Bei der „3. Piste“ waren eher die Projektbetreiber und Bürger, die ihre Rechte in Anspruch nahmen, „schuld“, als das UVP-Verfahren. 

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ANALYSE. Zum Standortentwicklungsgesetz: Bei der „3. Piste“ waren eher die Projektbetreiber und Bürger, die ihre Rechte in Anspruch nahmen, „schuld“, als das UVP-Verfahren. 

Der Flughafen Wien zählt zu den treibenden Kräften hinter dem Standortentwicklungsgesetz. Wie er in einer Stellungnahme verdeutlicht, gehen ihm nicht einmal die vorliegenden Regierungspläne weit genug. Ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach zwölf Monaten nicht abgeschlossen, soll das betreffende Projekt demnach automatisch als genehmigt gelten. Der Flughafen sieht sich selbst als Opfer extrem langer Verfahrensdauern.

Der heutige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) pflichtete im vergangenen Nationalratswahlkampf bei: „Das Verfahren für die dritte Piste läuft seit 17 Jahren. Das ist für mich als 30-Jährigen eine unvorstellbare Dauer.“ Folglich wolle er für eine gesetzliche Obergrenze sorgen, versprach er: „Bürger und Unternehmen müssen ein Anrecht darauf haben zu wissen: Wie lang kann es maximal dauern?“

17 Jahre sind für ein Projekt wirklich unerträglich. Allerdings: Will man das Problem lösen, muss man sich anschauen, wie es in dem konkreten Fall dazu kommen konnte. Die UVP-Verfahrensdatenbank, die das Umweltbundesamt führt, macht’s möglich, es bei der dritten Piste sehr genau nachzuvollziehen. Ergebnis: Die UVP ist bei weitem nicht allein „schuld“.

Die Zeitrechnung des Flughafens beginnt zur Jahrhundertwende. Von einer UVP war damals noch lange keine Rede. Zunächst haben die Projektbetreiber selbst sehr viel Zeit für etwas verwendet, was an sich sehr löblich ist: Von 2001 bis Juni 2005 haben sie ein Mediationsverfahren mit Anrainern durchgeführt.

Soll heißen: Von den 17 Jahren sind schon einmal fünf verstrichen. Das UVP-Verfahren selbst startete erst im März 2007. Damals ist der Antrag bei der zuständigen Behörde, der nö. Landesregierung, eingegangen. Bis dahin sind also noch einmal zwei weitere Jahre verstrichen.

Doch zum Verfahren selbst: Bereits am 25. März 2007 mahnte das Umweltministerium in einer Stellungnahme zum Antrag einige Präzisierungen ein. Zitat: „Mängel bestehen für einige Fachbereiche in der Nachvollziehbarkeit der Schlussfolgerungen und Beurteilungen, sowie in der Beschreibung der Verbindlichkeit von Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Auswirkungen des Vorhabens. Insbesondere fehlen Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen; Maßnahmen zur Reduktion der Luftschadstoffemissionen während der Bauphase scheinen nicht ausreichend zu sein. Es fehlt eine übersichtliche Darstellung der abfallwirtschaftlichen Situation. Teilweise bestehen Widersprüche zwischen einzelnen Fachberichten.“

Ergänzungen zum Antrag folgten im Februar 2009 sowie im August und September 2011. Anders ausgedrückt: Vollständig war er erst dann. Sind, wenn man so will, also schon elf der insgesamt 17 Jahre verstrichen. Dann ging’s jedoch vergleichsweise schnell: Am 10. Juli 2012 erfolgte die Genehmigung der dritten Piste durch die UVP-Behörde.

Dieser Fall zeigt übrigens, wie sehr die nunmehr geplante Vorgangsweise Projektbetreiber einlädt, Verfahren durch unvollständige Unterlagen so lange in die Länge zu ziehen, bis sie nach Fristablauf mit einem „grünen Licht“ enden, wie die Vorarlberger Landesregierung in ihrer ablehnenden Stellungnahme warnt.

Zurück zur dritten Piste: Sie konnte 2012 noch nicht in Angriff genommen werden. Auf das UVP- folgte ein – von Privatpersonen und Bürgerinitiativen angestrengtes – Rechtsmittelverfahren bei Bundesverwaltungsgericht, Verfassungsgerichtshof und wieder dem Bundesverwaltungsgericht; dieses entschied im März 2018 im Sinne des Projektbetreibers Flughafen Wien.

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