Was der Pressefreiheit zusetzt

ANALYSE. Dass es in Österreich keine Medienpolitik gebe, ist ein Irrtum. Es ist nur so, dass sie mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet.

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ANALYSE. Dass es in Österreich keine Medienpolitik gebe, ist ein Irrtum. Es ist nur so, dass sie mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet.

Zum Tag der Pressefreiheit (3. Mai) gibt es natürlich Bekenntnisse zur Pressefreiheit. Was denn sonst? Wäre ja noch schöner. Zumal Österreich im weltweiten Vergleich mit Platz elf ziemlich gut liegt, besteht jedoch die Gefahr, dass sich die Aufmerksamkeit nicht auf Missstände richtet, die es auch hierzulande gibt.

Pressefreiheit heißt ja nicht nur, dass kritische Journalisten nicht eingesperrt werden, sondern vor allem auch, dass bestmögliche Rahmenbedingungen für kritischen Journalismus gewährleistet werden. Und da hapert es in Österreich, um nicht gar von einem Systemversagen zu sprechen. 5 Beispiele:

  1. Dass Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) daran denkt, die Presseförderung, die auf gesetzlicher Grundlage eine gewisse Vielfalt sichern soll, von achteinhalb auf 17 Millionen Euro im Jahr zu verdoppeln, ist das eine. Das andere ist, dass das in einem geradezu lächerlichen Verhältnis zu den 179,19 Millionen Euro steht, die öffentliche Einrichtungen 2016 an Inseratenvolumen zusammengebracht haben; das ist die viel größere, aber die willkürliche Presseförderung. Und allein schon, dass es bei ihr möglich ist, Hofberichterstattung zu belohnen, ist besorgniserregend.
  2. Zusätzlich bekommen die Parteien heuer österreichweit Förderungen in Höhe von 209 Millionen Euro. Und auch wenn keine 95 Prozent davon in „Inszenierung“ gehen, so wird ein großer Teil in Öffentlichkeits- und Medienarbeit fließen. Zum Beispiel in dem Sinne, dass über bezahltes Sponsoring auf Facebook größere Fangemeinden für Politikerseiten geschaffen werden. Womit es möglich wird, sich von der klassischen Medienwelt zu emanzipieren oder im Fall des Falles auch gegen sie vorgehen zu lassen, wie etwa Angriffe auf eine Moderatorin auf der Seite des freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer zeigten.
  3. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat diese Bezeichnung spätestens mit ihrer jüngsten Entscheidung zu „ProSiebenSat.1Puls 4 GmbH; ATV Privat TV GmbH; ATV Privat TV GmbH & Co KG“ in Frage gestellt: Sie hatte nichts Wesentliches gegen einen Zusammenschluss der beiden wichtigsten Privat-TV-Sender in Österreich einzuwenden (Puls 4 und ATV). Von einem Wettbewerb, geschweige denn einer – auch journalistischen – Vielfalt in diesem Bereich zu rede, ist künftig jedenfalls nicht mehr möglich.
  4. Journalistische Arbeit stößt in Österreich allzu oft auf eine Grenze, die einen eigentümlichen Namen hat: Amtsgeheimnis. Die angekündigte Lockerung (in Form einer gewissen Informationsfreiheit) lässt seit Jahren auf sich warten. Auch der jüngste Anlauf ist irgendwie steckengeblieben.
  5. Das wichtigste Medium in Österreich ist der ORF. Und um den muss man sich angesichts des vorauseilenden Gehorsams seines Chefs gegenüber der Politik, den er bei einer geplanten Reorganisation (Stichwort „Channel-Strukturen“) zum Ausdruck bringt, ebenso ernsthafte Sorgen machen, wie aufgrund der Begehrlichkeiten der Politik. So hat FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger bereits mitgeteilt, dass er im Auftrag seiner Partei eine ORF-Reform für die Zeit nach der nächsten Nationalratswahl entwickele – was naturgemäß einer gefährlichen Drohung gleichkommt.

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