Strache regiert

ANALYSE. Wie zentrale Forderungen, die der FPÖ-Chef im Wiener Gemeinderatswahlkampf erhoben hat, von SPÖ- und ÖVP-Politikern übernommen und teilweise auch umgesetzt werden. Fünf Beispiele.

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ANALYSE. Wie zentrale Forderungen, die der FPÖ-Chef im Wiener Gemeinderatswahlkampf erhoben hat, von SPÖ- und ÖVP-Politikern übernommen und teilweise auch umgesetzt werden. Fünf Beispiele.

Gegen „Asylmissbrauch und Massenzuwanderung“ polemisierte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Spitzenkandidat bei den Wiener Gemeinderatswahlen im vergangenen Herbst. „Schutz heimischer Arbeitnehmer“ lautete eine seiner Antworten. Zumindest Empörung war ihm damit sicher – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) versuchte dem „Haltung, Menschlichkeit und Glaubwürdigkeit“ entgegenzusetzen, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gar eine „Schubumkehr im Denken“. Das Ergebnis nach einem halben Jahr ist vernichtend: Strache hat sich durchgesetzt.

Ja, der FPÖ-Chef hat ein bemerkenswertes Problem: Allzu gerne würde er die Regierung führen. Man lässt ihn aber nicht; was insofern bemerkenswert ist, als nach der ÖVP neuerdings auch die Sozialdemokratie nicht mehr davor zurückschreckt, seine Forderungen zu kopieren und teilweise auch umzusetzen. Beispiel? Bitteschön, nachfolgend gibt’s gleich fünf:

„Asylmissbrauch und Massenzuwanderung“ orteten die Freiheitlichen unter Strache in ihrem Wahlprogramm aus dem vergangenen Herbst: „Die FPÖ hilft dagegen denen, die wirklich verfolgt werden. Sie erhalten Schutz auf Zeit. Wer das heilige Asylrecht missbraucht, wird abgeschoben. Die Grenzen werden streng kontrolliert, damit Schlepper gar nicht ins Land kommen.“ SPÖ- und ÖVP-Vertreter bemühen sich immer mehr, all das zu erfüllen:

1. Der Zustrom von Flüchtlingen wird begrenzt. Dazu ist zunächst eine „Obergrenze“ verabschiedet worden.

2. Zäune und Grenzkontrollen sollen die Umsetzung ermöglichen.

3. Asyl gibt’s nur noch auf Zeit. Nach drei Jahren soll überprüft werden, ob eine Rückkehr ins Herkunftsland möglich ist.

„Die FPÖ schützt die heimischen Arbeitnehmer“, ließ sie in ihrem Programm für die Gemeinderatswahl außerdem wissen. Und weiter: „Es sollen keine fremden Arbeitssuchenden ins Land gelassen werden, solange die eigenen Staatsbürger unter der Arbeitslosigkeit leiden. Der Bezug von Sozialleistungen soll an die Staatsbürgerschaft und an eine erfolgreiche Integration gebunden sein.“ Tatsächlich? Tatsächlich:

4. Vor allem sozialdemokratische Arbeiterkämmerer, wie Direktor Werner Muhm, meinen, dass die Arbeitslosigkeit „importiert“ sei; in diesem Sinne stellt er gleich die Arbeitnehmerfreizügigkeit, also einer der europäischen Grundfreiheiten, in Frage. So weit, wie sein Wirtschaftsberater, würde Werner Faymann zwar nicht gehen; Einschränkungen kann aber auch er sich vorstellen. Demnach könnte etwa eine Maximaldauer für die Tätigkeit von Arbeitskräften festgelegt werden, die von ausländischen Unternehmen vorübergehend nach Österreich geschickt werden.

5. Der Bezug von Sozialleistungen solle an die Staatsbürgerschaft und an eine erfolgreiche Intergraion gebunden werden. In diese Richtung hat sich selbst das schwarz-grüne Vorarlberg bewegt; Asylwerber sollen sich demnach dazu verpflichten, sich zu integrieren. Eine Kürzung der Mindestsicherung ist auch in anderen Ländern, wie Oberösterreich, ein Thema. Ganz zu schweigen von der Koalition in Wien, wo sich besonders ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka dafür stark macht.

Vielleicht ist ja all das der Grund dafür, dass es um Strache so ruhig geworden ist: Er lässt die Regierenden gewähren. Im Wissen, dass sie ohnehin tun, was er möchte; und in der Annahme, dass die Wähler letzten Endes so oder so zum Schmied gehen werden – zu ihm also.  

> Zum FPÖ-Programm für die Wiener Gemeinderatswahl 2015.

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