Schwarz-Blau macht Rot-Schwarz hoch 2

ANALYSE. Beim Verfassungsgerichtshof und dem ORF zeichnet sich parteipolitische Einflussnahme ab, die den schlechten alten Stil noch bei weitem übertrifft.

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ANALYSE. Beim Verfassungsgerichtshof und dem ORF zeichnet sich parteipolitische Einflussnahme ab, die den schlechten alten Stil noch bei weitem übertrifft.

Man muss sich wundern. Oder auch nicht: „Neue Politik“ war jedenfalls angesagt. Doch dann das: ÖVP und FPÖ sind dabei, Parteipolitik noch stärker in den Verfassungsgerichtshof und in den ORF hineinzutragen, als dies schon bisher üblich gewesen ist.

Womit sich die Frage, ob es „früher“ besser war, indirekt auch schon beantwortet: Ziemlich sicher „ja“. Was aber eben nicht bedeutet, dass es gut war. Im Gegenteil: Verfassungsrichter sind parteipolitisch zuordenbar. Und im einen oder anderen Fall ist die Optik wirklich getrübt. Bei Johannes Schnizer zum Beispiel: Der Mann war einst unter anderem Mitarbeiter der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion. 2009 wurde er von der Bundesregierung auf Vorschlag der SPÖ als Verfassungsrichter nominiert und vom Bundespräsidenten dann auch ernannt. Schnizer ist ein ausgewiesener Verfassungsexperte, keine Frage. Aber eine politische Kultur, in der ein solcher Werdegang selbstverständlich ist, ist nicht unbedingt die beste.

Ein Verfassungsrichter muss Prinzipien haben, jedoch über Parteien stehen; in diesem Sinne kann es nicht egal sein, ob er einmal beruflich einer solchen verpflichtet war oder nicht. Daraus kann sich ein schmaler Grat ergeben. Und schon das ist ein Problem: Der Richter wird immer einem gewissen Verdacht ausgesetzt sein.

Doch es geht noch schlimmer: ÖVP und FPÖ werden demnächst drei neue Verfassungsrichter (de facto) bestimmen. Ein Kandidat: Ex-FPÖ-Nationalratsabgeordneter Rüdiger Schender. Ein tadelloser Jurist. Aber eben auch ein „alter“ Parteifunktionär. 2016 hat er für die Partei erfolgreich die Bundespräsidentenwahl mit angefochten. Ein anderer Kandidat: Ex-Justizminister Brandstetter. Ebenfalls ein Top-Verteidiger, wie man sich ihn im Fall des Falles nur wünschen kann. Nur: Erst vor wenigen Monaten sprang er für Sebastian Kurz als Vizekanzler ein und erledigte für diesen quasi die Regierungsgeschäfte.

Wolfgang Brandstetter ist Profi und sollte daher zeigen können, dass das Geschichte ist. Hätte man geglaubt.

Der Mann ist Profi und sollte daher zeigen können, dass das Geschichte ist. Hätte man geglaubt: Bereits als Höchstrichterkandidat verteidigt er nun die Strafrechtsreformpläne der neuen Regierung. Kritik daran sei „zu einseitig“, lässt er wissen. Womit die gesamte Optik nicht mehr nur schief ist, sondern umfällt. Zugunsten der Politik und zulasten des Verfassungsgerichtshofes.

Man würde meinen, es wäre ein Leichtes, den „neuen Stil“, den Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausgerufen hat, in solchen Fragen zu demonstrieren: Indem man eben nicht bisherige Mitstreiter, sondern Leute für so sensible Funktionen auswählt, die nicht nur kompetent, sondern einem (möglichst) null-komma-null nahe stehen. Ganz offensichtlich ist das aber zu schwer.

Die FPÖ will offensichtlich, dass der öffentlich-rechtlich Auftrag vom ORF so ausgelegt wird, wie sie ihn versteht.

Wie man im Übrigen im Umgang mit dem ORF sieht: Parteien haben dort schon immer zu viel hineininterveniert; einmal mehr, einmal weniger. So öffentlich, wie es die FPÖ nun tut, jedoch kaum eine. Siehe Verkehrsminister Norbert Hofer, der die „Zwangsgebühren“ streichen will, nachdem er in einem Nachrichtenbeitrag nicht vorgekommen ist. Das kann man nicht erfinden. Eher zugetraut hätte man es bisher jedoch Donald Trump, der macht das täglich.

Man sollte jedoch nicht darüber lachen: Der FPÖ geht es ganz offensichtlich nicht um eine ORF-Reform, die den öffentlich-rechtlichen Auftrag stärkt; sie will dafür sorgen, dass der öffentlich-rechtlich Auftrag so ausgelegt wird, wie sie ihn versteht. Und zwar mit allen Mitteln. Und indem sie nun über die Finanzierung den gesamten ORF in Frage stellt, setzt sie wohl „nur“ darauf, zumindest einen Teil ihrer Vorstellungen erfüllt zu bekommen. Durch die Ablöse von ZiB-Chefredakteur Fritz Dittlbacher zum Beispiel, den sie bereits als „rücktrittsreif“ bezeichnet hat.

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