Kurz riskiert seine Kernkompetenzen

ANALYSE. Regierungsbildung: Wenn Freiheitliche für Sicherheit, Asyl und Soziales zuständig werden, muss sich der ÖVP-Chef ein neues Thema suchen.

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ANALYSE. Regierungsbildung: Wenn Freiheitliche für Sicherheit, Asyl und Soziales zuständig werden, muss sich der ÖVP-Chef ein neues Thema suchen.

Auch auf die Gefahr hin, einen Ausspruch des damaligen FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer aus dem Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu oft zu wiederholen, sei es an dieser Stelle in einem neuen Zusammenhang getan: „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist.“ Ja, wirklich: Dass die Freiheitlichen bei den Regierungsverhandlungen drauf und dran sind, den Zuschlag für Innen-, Verteidigungs- und Sozialministerium sowie ein möglicherweise um die Europaagenden abgespecktes Außenministerium zu bekommen, ist schon sehr überraschend. Geht es dabei doch nicht nur um Themen, die Heinz-Christian Strache und Co. den Wahlerfolg am 15. Oktober beschert haben, sondern auch Fragen, die ÖVP-Chef Sebastian Kurz zum Aufstieg verholfen haben.

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Dass Kurz die „Neue Volkspartei“ auf Platz eins geführt hat, hat natürlich mehrere Gründe: Den einen oder anderen hat beeindruckt, dass er in der ÖVP aufgeräumt hat. Viele, dass er angekündigt hat, sich nicht an dem üblichen Polit-Hickhack zu beteiligen, sondern einen anderen Stil zu pflegen. Andere wiederum, dass er Staats- und Bürokratieabbau das Wort redete. Die meisten aber sein Kurs in der Asyl-, Integrations- und Sozialpolitik: „2015 darf sich nicht wiederholen“, „Schließung der Balkanroute“, „Schließung der Mittelmeeroute“, „Man muss erst einmal einzahlen, bis man herausnehmen darf“ und so weiter und so fort. Das waren Botschaften, die wirkten.

Für Sebastian Kurz ist das ein Risiko. Wobei man ihn jedoch nicht unterschätzen sollte.

Für einiges davon kann er in der künftigen Regierung zuständig sein, wenn er die EU-Agenden vom Außenministerium mit ins Kanzleramt nimmt. Vieles ist er jedoch dabei, den Freiheitlichen zu überlassen: Das Innen- und Integrationsministerium, das im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise das Law- and Order-Image von Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Ressortchef ebenso begründete, wie jenes von Hans Peter Doskozil (SPÖ) als Verteidigungsminister. Oder eben das Sozialministerium, über das die „Man muss erst einmal einzahlen“-Devise am ehesten durchsetzbar ist.

Für Sebastian Kurz ist das ein Risiko. Wobei man ihn jedoch unterschätzen würde, würde man davon ausgehen, dass er das nicht sieht. Es ist zu deutlich. Wahrscheinlicher ist wohl, dass er andere Kompetenzen entwickeln und hervorheben möchte; als Regierungschef und zu einem anderen Thema.

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